Frauen in Führungspositionen

Andrea Lorenz blickt auf mehr als 15 Jahre Geschäftserfahrung in Asien zurück. Wir haben mit der General Managerin Operations and Administration Greater China and Southeast Asia bei Richard Wolf Singapur über Hongkong und Singapur gesprochen, über ihre Sicht einer erfolgreichen Führungskraft (Spoiler-Alarm: Sei der Chef, den du haben willst!) und schließlich über Frauen in Führungspositionen in der Region. Ein Interview aus der Reihe #peopleinournetwork.

Ich freue mich, dass es der Kammer gelungen ist, vier Frauen in Führungspositionen in den Vorstand zu berufen – und vor allem, dass eine von uns, Frau Shirley Qi von Evonik, zur ersten weiblichen Präsidentin gewählt worden ist. Mit insgesamt vier Frauen im 12-köpfigen Vorstand hat die Singapurische Kammer im Vergleich zu anderen Kammern eine sehr gute Quote – dank des Engagements der Kammer und ihrer Mitglieder.

In Singapur gibt es vergleichsweise viele Frauen in Führungspositionen und mittlerweile ist ein großer Teil der reichsten Menschen unter 35 Jahren in Singapur weiblich. Aber es gibt immer Raum für Verbesserungen! Es ist nach wie vor wichtig, Frauen sichtbarer zu machen und sie zu unterstützen, zum Beispiel durch unser Women in Business Committee. Eine weitere Initiative ist die von Tanja Jesemann von Paulaner Singapur ins Leben gerufene „Damenwahl“, eine regelmäßige Networking-Veranstaltung für deutschsprachige Frauen.

Die Arbeitssuche ist zu einem großen Problem der mitgereisten Partner geworden. Die Regierung von Singapur legt die Messlatte immer höher und ändert die Anforderungen für die Einstellung ausländischer Arbeitskräfte. Ich habe viele Frauen getroffen, die gerne arbeiten würden, aber einfach keine Arbeitserlaubnis bekommen. Wir unterstützen sie dabei, überhaupt erst einmal anzufangen, auch wenn das bedeutet, dass man unter weniger angenehmen Arbeitsbedingungen arbeiten muss als man es in Deutschland gewohnt war. Unsere Erfahrung zeigt, dass, wenn man erst einmal eine erste Stelle und eine Arbeitserlaubnis hat, es oft später mit einem Job klappt, der besser zu den eigenen Bedürfnissen passt.

In erster Linie geht es um den gemeinsamen Erfolg, denn ohne mein Team könnte ich nicht viel erreichen! Als ich bei Richard Wolf angefangen habe, habe ich mir vorgestellt, wie mein „idealer Chef“ sein müsste – und versucht, dieser Vorstellung zu folgen. Meiner Meinung nach ist Erfolg eher eine Qualität als eine Quantität und mein Team mit vielen langjährigen und treuen Mitarbeitern und ich haben in den letzten Jahren viel erreicht. Wir sind stolz darauf, dass unsere Arbeit anerkannt wird, was uns viel Motivation für die Zukunft gibt.

Was die Arbeit im Ausland betrifft, so bin ich stolz auf das, was ich erreicht habe, und ich wäre in meiner Karriere in Deutschland wahrscheinlich nicht so weit gekommen. Warum ich das sage? Natürlich braucht es auch ein bisschen Glück. Aber gerade für deutsche Unternehmen gibt es nicht viele geeignete Bewerber für bestimmte Positionen und die Konkurrenz im Ausland ist einfach geringer. Aber wenn man vorhat, länger zu bleiben, dann können beide Seiten verlässlich und langfristig miteinander planen.

Mir gefällt der kulturelle Mix in Singapur sehr gut! In Hongkong hat sich in den letzten Jahren viel verändert und als Ausländer ist man jetzt ein bisschen ein Exot. Hier in Singapur ist es ganz natürlich, dass die Menschen ihre Wurzeln in verschiedenen Ländern haben. Englisch ist die erste und offizielle Sprache, das macht die Kommunikation sehr einfach. Das Essen ist so bunt wie die Menschen hier. Man geht einfach in ein „Hawker Centre“ (oder Food Court) und genießt eine unglaubliche Vielfalt an Speisen für wenig Geld. Ich bin vor zweieinhalb Jahren mit meinem Mann nach Singapur gezogen und wir haben es keine Minute lang bereut.

Zunächst die Lust und der Spaß am Lernen, besonders hier in Singapur. Auch nach Abschluss ihrer Ausbildung oder ihres Studiums bilden sich die Mitarbeitenden ständig weiter, oft von der Regierung gefördert, was zusätzlich motiviert. Gerade in dieser sich schnell verändernden Welt finde ich es wunderbar, dass die Leute wirklich dranbleiben wollen.

Dann, dass meine Mitarbeitenden ihre Aufgaben schnell und effizient erledigen, ganz egal, ob in Hongkong, Shanghai, Peking oder Singapur. Es wird nicht so viel diskutiert, das merke ich immer dann, wenn ich mal wieder in Deutschland bin.

Und drittens die Art und Weise, wie meine Teams ihre Aufgaben anpacken und bei der Sache bleiben. Egal, ob es sich um eine neue Aufgabe oder ein Problem handelt, sie kümmern sich darum und finden eine Lösung.

Was können die Asiaten von uns Deutschen lernen? Ich würde mich freuen, wenn sie manchmal ein bisschen entschlossener wären und keine Angst hätten, einen Fehler zu machen. Fehler machen gehört zum Leben dazu und man lernt daraus. Meine Botschaft an mein Team: Habt keine Angst, versucht es einfach.

Und hier kommt auch wieder unser Thema „Frauen in der Wirtschaft“ ins Spiel, denn ich möchte unbedingt hinzufügen, was die Deutschen von Singapur lernen können: Berufstätige Mütter und Frauen in Führungspositionen sind hier die Norm. Eine Frau mit drei kleinen Kindern, die das Geschäft für die ganze Region führt, ist hier überhaupt keine große Sache. Es ist den Familien überlassen, das zu organisieren. Sicherlich gibt es hier andere Hilfen als in Deutschland. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass eine Mutter für eine solche Stelle gar nicht erst in Betracht gezogen wird, weil man davon ausgeht, dass sie nicht reisen oder Vollzeit arbeiten kann.

Die tollen Networking-Veranstaltungen! Ich liebe das Networking hier im German Centre Singapore. Sie sind eine großartige Gelegenheit für diejenigen, die neu in Singapur sind, Leute zu treffen, Kontakte zu knüpfen und Ideen auszutauschen. Das ist ein großes Plus.

Und natürlich sind die Büros sehr modern und schön, und die Leute kommen gerne hierher zum Arbeiten.

Der Botanische Garten! Auch wenn ich schon so oft dort war, liebe ich ihn!